Costantino Ciervo
Kataloge ]Biographie ][ Werke][Nicht realisierte Projekte/Kunst-am-Bau]Arbeiten auf Papier ]Bibliographie ]Werkliste Videos  ][ Kontakt ][ Interviews ]Impressum ] ][Home]


"OUT-LOOK" - 2017
Technik: synchronisierte 3-Kanal-Videoskulptur, computergesteuert, 3 Raspberry Pi Vers. 2 Typ 512 MB, 3 Display 22 Zoll, Neonschrift, Aluminium, Video: 05:08 Min., 3 x HD Farbe.
Maße: 87 x 187 x 19 cm



Die Videoskulptur „out-look“ ist inspiriert durch das partizipative Kunstprojekt „SendProtest“ und operiert mit Basismaterial aus dessen Bilderdatenbank. „SendProtest“ ist eine App, die systematisch, chronologisch und nach rigorosen Kriterien der geografischen und temporalen Lokalisierung Fotos, Videos und Kommentare eines kritischen Dissens einordnet, die von BürgerInnen der Welt „live“ mit ihrem Smartphone aufgenommen und eingegeben worden sind, und zwar als direkte Zeugnisse von Fakten, die entweder als negativ für die Gesellschaft oder das Gemeinwohl empfunden wurden oder als dokumentationswürdige zivile Proteste eingestuft wurden. Das so erstellte transnationale Online-Archiv für Protestbilder ist für alle offen zugänglich auf www.sendprotest.com.
Für die Videoskulptur „out-look“ wurden 22 Bilder aus der aktuell etwa 400 Fotografien umfassenden Bilderdatenbank ausgewählt und verwendet. Die Aufnahmen dokumentieren unterschiedliche Situationen in Bezug auf Armut, zivilen Protest, eine schädliche Nahrungsindustrie, Sexismus, Rassismus oder urbanen Verfall. Innerhalb der Skulptur werden die realen Protestbilder als „Filmband“ aneinander gereiht. Die Frame-Sequenz fließt - vom Gesichtspunkt des Betrachters aus gesehen - langsam von links nach rechts auf drei horizontal aneinander gereihten Monitoren. Der mittlere Bildschirm springt dabei etwas zurück, so dass zwei Bildebenen entstehen. In dem Moment, wenn der Fluss der Bilder einsetzt, erscheinen am rechten und linken äußersten Bildrand gleichzeitig zwei nackte, weißhäutige Avatare ohne Genitalien, ein Mann (rechts) und eine Frau (links).
Beide Avatare marschieren gleichförmig und mit einem roboterhaften Blick vorwärts, bewegen sich dabei aber auf unterschiedlichen Bildebenen. Während die Frau kontinuierlich im Vordergrund von links nach rechts voranschreitet, bewegt sich der Mann von rechts nach links und begibt sich ab und zu in die zweidimensionale Perspektive der Fotografien. Er umkreist Gegenstände oder Personen, um dann im mittleren Monitor den Weg der Frau zu kreuzen und schließlich an der äußersten Seite des linken Monitors aus dem Bild zu verschwinden.
Unterhalb der drei Monitore ist in weißer Neonschrift der Begriff „out-look“ montiert. Der Schriftzug ist eine Paraphrase des englischen Wortes „outlook“, das übersetzt werden kann mit Perspektive, Aussicht, Anschauung, Ausblick, Prognose, Vorhersage, Einstellung oder Grundhaltung (und erinnert auch an den Namen einer bekannten E-Mail Software).
Die Ästhetik der Videoskulptur wird bestimmt durch eine starke technologische Konnotation: Die Wirkung von Aluminium als Bildträger, die Verwendung und Zurschaustellung von Minicomputern zur Synchronisierung der Videos und das Editing der Videos als Interaktion der animierten dreidimensionalen Avatare mit der zweidimensionalen Fläche der Fotografien.
Betrachtet man die Neonschrift im Zusammenhang mit der visuellen Symbolik der Skulptur und ihren verschiedenen Elementen kann sie als Provokation interpretiert werden oder als Stimulation zur Reflexion über Phänomene wie Abwesenheit, Gewöhnung oder Indifferenz gedeutet werden; und zwar in einer Zeit, in der die Partizipation in der Zivilgesellschaft paradoxerweise sehr stark gefordert und verstärkt werden könnte durch die enormen Fortschritte der Kommunikationstechnologien.
Das Partizipieren, auf bewusste Weise, an Prozessen der Transformation der Realität, in Kontraposition zur immer weiter anwachsenden Trennung zwischen Kapital und Arbeit und zur daraus resultierenden Nutzung der Technologie, die allein der Produktivität untergeordnet ist, deren perverse Attitüde es ist, Profit zu erlangen und zu steigern (in Form von Geld und Macht für Wenige), bei gleichzeitiger Reduktion der eingesetzten Mittel. Denn dies führt dazu, dass die Verdinglichung der menschlichen Beziehungen und soziale Ungleichheit zunehmen.