Costantino Ciervo
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Synchronis/Asinchronis, 2013
synchronisierte 3-Kanal Videoskulptur, polierter Stahl, Monitor, Videoplayer,
Video: 06:04 Min., HD Farbe
Maße: 186,5 x 45 x 18,5 cm


Martin Heidegger hat 1919/21 in seinen 'Anmerkungen zu Karl Jaspers Psychologie der Weltanschauungen' als Kommentar zu Jaspers Theorie der Subjekt-Objekt-Spaltung geschrieben:
"Der Grundsinn der Beziehung zwischen Subjekt und Objekt… ist Spaltung. Das hat nur Sinn, wenn als Grundwirklichkeit das Ungespaltene angesetzt ist."
Fünfundzwanzig Jahre später hat Theodor W. Adorno aus dem gegensätzlichen Lager der philosophischen Tradition in seiner Schrift Minima Moralia das bekannte Diktum formuliert:
"Es gibt kein richtiges Leben im falschen".

Ein etwa zehnjähriger Junge, einfach und ordentlich gekleidet, erscheint in natürlicher Größe aufgeteilt in drei Videosektionen: Oben der Kopfbereich, in der Mitte der Torso mit Armen und Händen und unten die Beine und Füße. Die Schuhe stehen auf grauem Boden, der restliche Körper wird von einem leicht bewölkten Himmel hinterfangen. Der junge Darsteller hält einige mit Text bedruckte DinA4 Blätter in den Händen. Nach einem kurzen Augenblick der Reglosigkeit beginnt er, sich auf gleicher Stelle im Uhrzeigersinn im Kreis zu drehen. Obwohl sich alle drei Körperteile gleichzeitig bewegen, stimmen sie nicht miteinander überein. Die Position des Kopfes korrespondiert nicht mit der der Füße, und diese folgt gleichzeitig nicht exakt der des Torsos.
Während sich der junge Protagonist kontinuierlich im Kreise dreht, liest er aus dem Stapel von Zetteln in seinen Händen englische Zitate aus Milton Friedmans Klassiker Capitalism and Freedom von 1962 vor. Der amerikanische Wirtschaftsökonom und Nobelpreisträger Friedman verstarb 2006 im Alter von 94 Jahren. Er gilt als einflussreichster Theoretiker des ökonomischen Liberalismus der jüngsten Geschichte.
Nach dem Vorlesen jedes einzelnen Zitates lässt der Junge jeweils das Blatt zu Boden gleiten. Auf diese Art und Weise manifestiert sich in dem dreigeteilten Video eine Raum-Zeit-Inkongruenz: Während die drei Teile des Körpers asynchron agieren erscheint das Herabfallen der Blätter von oben nach unten realistisch, also in übereinstimmender Abfolge.
Nachdem das letzte Blatt zu Boden geglitten ist, bleibt das Kind in frontaler Ausrichtung zum Betrachter hin stehen und die Einzelteile des Körpers finden wieder zueinander.