Costantino Ciervo
Kataloge ]Biographie ][ Werke][Nicht realisierte Projekte/Kunst-am-Bau]Arbeiten auf Papier ]Bibliographie ]Werkliste Videos  ][ Kontakt ][ Interviews ]Impressum ] ][Home]

 

 

TRANS-TENDENZ, 2010

Zwei-Kanal Videoskulptur, polierter Stahl, Holz, alte Waage, 2 Monitore, 2 Player, 2 USB-Sticks, Bewegungsmelder, Elektronik
Maße: 80 x 80 x 21,5 cm


Trans-Tendenz besteht aus einer reflektierenden Oberfläche, vor der eine alte Waage mit zwei Monitoren auf den Waagschalen montiert ist. Sobald ein Betrachter vor das Objekt tritt, starten die Videos und die Waagschalen beginnen auf und ab zu pendeln. Im Wechsel eines Dialoges laufen Schriftbänder in einer waagerechten Linie abwechselnd über beide Monitore. Der Text wird gleichzeitig von einer Computerstimme verlesen. "Hier begegnen sich progressive und konservative Argumentationslinien. Es ist eine Art Schlagabtausch zweier Positionen. Und zwar sind beide für sich in sich schlüssig. Man kann vielen Dingen zustimmen, die vielleicht völlig konservativ erscheinen, obwohl man selbst eher ein Freigeist ist. Und so gerät die eigene Meinung ganz plötzlich ins Wanken." (Hartwig Knack, Wien 2012)

----------------------------------------------------

Dialogtext TRANS-TENDENZ:

A: Konservative/r
B: Progressive/r

A. Ich bin politisch rechts orientiert, ich kann arm oder reich, gebildet oder ungebildet, von beliebiger ethnischer Herkunft, jung oder alt sein, mein Ziel ist die Freiheit.

B. Ich bin politisch links orientiert, ich kann arm oder reich, gebildet oder ungebildet, von beliebiger ethnischer Herkunft, jung oder alt sein, mein Ziel ist die Freiheit.

A. Ich bin für Arbeit, Verdienst, Autorität, Ordnung, Respekt, Markt, Konkurrenz, Erziehung, Opferbereitschaft und Belohnung.

B. Ich bin für Kreativität, Selbstlosigkeit, Partizipation, Solidarität, Liebe, Austausch, Kooperation, Wissen, Verbindlichkeit und gerechte Verteilung.

A. Für mich sind Konkurrenz, Wettbewerb und Besitz absolute Werte und unveräußerlich. Es gibt Menschen die arbeiten, die etwas riskieren und besonders fähig sind, Reichtum zu produzieren. Es ist also gerecht, wenn diese mehr bekommen und besitzen als die anderen. Denn wer Reichtum für sich selbst geschaffen hat, schafft auch Reichtum für andere. Es ist also ganz natürlich, dass alle vom Geist des Wettkampfes erfüllt sind und ihre eigene menschliche Qualität behaupten wollen. Nur durch den Wettstreit kann sich der Mensch verwirklichen und eine Stufe der Glückseligkeit erreichen! Welchen Sinn hätte es sonst, etwas zu investieren, zu riskieren, wenn es keine Prämie als Frucht der Arbeit gäbe, kein Hab und Gut zum genießen? Je größer die Prämie, umso größer ist der Einsatz!

B. Für mich ist das Konzept von Besitz relativ, - übrigens hat es unter dem Gesichtspunkt der Immanenz, das heißt praktisch gesehen, keinen Sinn, das Hab und Gut für private Zwecke zu benutzen. Hab und Gut ist niemals Besitz sondern Verwaltung. Der Privatbesitz ist niemals substanziell privat, sondern zutiefst öffentlich. Was hat es für einen Sinn, wenn der Reiche als solcher reich ist, weil er Land besitzt, aber nicht das Saatgut zum bepflanzen? Die Samen aber sind die Multitude, die Menschheit, die Anderen. Die Anderen kann man bestenfalls eine Zeitlang kontrollieren; man kann sie aber niemals wirklich besitzen; - auch nicht in totalitären oder autoritären Systemen!
Konkurrenz und Wettkampf sind keine Dogmen. Sie schaffen Gewinner und Verlierer und trennen sie. Ganz im Gegenteil sind Kooperation, Vergleich sowie der Austausch von Wissen und Hab und Gut optimale Voraussetzungen für die sinnvolle Entwicklung jedes Individuums.

A. Wer mutig, intelligent, fähig und arbeitswillig ist, hat das unantastbare Recht sich die Früchte seiner Arbeit anzueignen und damit zu machen was er will! Es ist nicht gerecht, wenn ein faules oder inkompetentes Individuum den gleichen Reichtum bekommt wie der, der ihn sich durch harte Arbeit verdient hat.
Jedem das Seine! Das ist wahre Gerechtigkeit!
Der Mensch, angespornt vom Instinkt, alles haben zu wollen, befindet sich permanent im Wettbewerb!
Wettbewerb ist Wettkampf und der natürliche Faktor und Antrieb des Menschen, um nicht inaktiv, lasch, lustlos, gleichgültig und faul zu sein. Wer Wettbewerb und Wettkampf unterdrückt macht den Menschen faul und unglücklich. Die Konkurrenz und der Wettkampf sind grundlegend, um den Menschen zur Arbeit anzuspornen und die Spreu vom Weizen zu trennen.

B. Es ist nicht die Natur des Menschen, alles zu wollen, immer in Konkurrenz mit den anderen sein wollen zu müssen, um immer mehr zu bekommen. Dem Menschen angeboren ist die Suche nach Glückseligkeit, die vor allem in dem Wollen von dem, was man macht, besteht.
Die Konkurrenz zwingt zu dem, was man macht, das heißt zum Gewinnen wollen. Demnach produziert sie für die Gewinner falsche Befriedigungen aber auch Frustration und Depression oder unsinnige Lust auf Revanche für eine Mehrheit von Individuen, die unerbittlich dazu verdammt sind, zu verlieren. Die Konkurrenz ist eine gewalttätige Ideologie, Quelle von Depression, Frustration, Inaktivität und Krankheit. Konkurrenz ist die Ideologie nur einiger weniger Gewinner!
Der Mensch sucht nach Situationen, in denen sich die Macht der Kreativität entfaltet. Er neigt dazu, Zwang zu vermeiden und erfasst intuitiv, mit seinem Verstand, dass die menschlichen Qualitäten sich nur durch Auseinandersetzung, durch Kooperation sowie den Austausch von Hab und Gut und Ideen entfalten.
A. Der Mensch wird angetrieben vom Instinkt zum Überleben und vom sexuellen Impuls in Richtung einer Selektion und der Bezwingung seiner Artgenossen. Der Mensch ist von Natur aus egoistisch, bestechlich und aggressiv. Aus diesem Grunde braucht die Gesellschaft, um Ordnung, Gerechtigkeit sowie wirtschaftliche und moralische Entwicklung zu garantieren, einen starken Staat, der auf dem Gesetz und der Volkssouveränität basiert. Einen Staat, der auf religiöser Tradition basiert, wodurch der moralische Weg, auf dem die Individuen sich bewegen dürfen, vorgegeben wird. Der Staat verbindet das Gesetz mit der territorialen und kulturellen Identität seiner Mitglieder. Die Identität ist also eine Tochter des Territoriums, die sich in Staat, Gesetz, Nation und Vaterland materialisiert. Vaterland, Tradition, Familie und Religion sind demnach natürliche Orte an denen es möglich ist, Gerechtigkeit, Recht, Kultur und Fortschritt aufzubauen!

B. Es ist grausig, den Menschen letztlich auf eine aggressive Bestie, die nur an Profit und Konkurrenz denkt, zu reduzieren. Der Mensch zeichnet sich besonders durch seine Fähigkeit zu kreieren, zu lieben und zu denken aus. Das individuelle Leben ist eine kontinuierliche und intuitive Suche nach Perfektionierung in Richtung der erhabenen Ordnung der Natur. Der Mensch akzeptiert nur diejenigen Regeln, die er autonom und freiwillig wählt, durch ein echtes Prinzip von Demokratie. Die Regeln können nicht von einem statischen Prinzip der Moral diktiert werden, noch weniger von einer Moral, die aus einer religiösen Tradition stammt und auch nicht von einem dogmatischen Prinzip von Familie; - ansonsten würde man die Autonomie des Denkens, Handelns und der Veränderung ersticken. Auf diese Weise würde man eine zwanghafte Duldung eines statischen Systems hervorrufen und schließlich auch Gewalt und Perversion.
Was die Identität betrifft, so ist sie niemals statisch, sondern ein Prozess, der sich langsam aus der Vergangenheit und im Werden der Geschichte bildet. Die Identität einer Bevölkerung ist vor allem Resultat des Vermischens von Ideen zwischen unterschiedlichen Kulturen, zwischen unterschiedlichen Sprachen, unterschiedlichen Geschichten und unterschiedlichen Territorien. Identität entwickelt sich nicht aus der Gleichförmigkeit, sondern aus der Vielfältigkeit und deswegen ist es gut, wenn sich die Völker dem Fluss der globalen Migration öffnen. Es hat keinen Sinn von Nation, Vaterland und Staat zu sprechen. Wir sind alle Bürger dieser Welt!

A. Die Familie, gegründet auf der Einheit von Mann und Frau, ist ein absoluter Wert. Die natürliche Familie ist der Kern des Guten, denn nur sie reproduziert Leben und was Leben erzeugt, erschafft Lebendiges und vernichtet es nicht. Die Vereinigung von Mann und Frau, bestätigt durch den Bund der Ehe, ist der natürliche Motor, der fundamentale kulturelle Elemente des Zusammenlebens zu bewahren hilft. Konservieren ist also Tradition, Identität und Fortschritt.
Die Familie ist die Wasserscheide zwischen Gut und Böse.

B. Nicht die Familie, begründet auf einer natürlichen Einheit von Mann und Frau, ist die Quelle des Friedens, sondern die Liebe an sich: Die Liebe zwischen Mann und Mann, Frau und Frau, zwischen Mann und Frau, Mensch und Mensch, und Mensch und Welt.
Die Liebe ist der wahre Motor des Fortschritts der Menschheit und wer durch die Liebe handelt, ist immer oberhalb des Guten und des Bösen; - und die Liebe hat immer den nobelsten und erhabensten Teil des menschlichen Geistes als letztes Ziel: Die Poesie, die Harmonie, die Versöhnung zwischen Legalität und Legitimität, die erhabene Ordnung der Natur!

A. Du überzeugst mich nicht!

B. Das ist dein Problem.

© Costantino Ciervo, 2010